konsekwent und HORIZONTE konzipieren CLS-Management via intelligenten Messsystemen in Kundenprojekt

Autoren: Dr. Roland Olbrich und Axel Wachtmeister

Das intelligente Messwesen in Deutschland mag aufgrund seiner durchdachten, aber umständlichen Komplexität zögerlich in Gang gekommen sein – trotz OVG-Entscheidung wird der Rollout aber, der Mehrzahl der Branchenvertreter zufolge, inzwischen kaum mehr aufzuhalten sein. Und das obwohl dem Deutschen Smart Metering bisher ein nicht ganz trivialer Aspekt vollkommen fehlte: Schalten und Steuern ist noch immer keinerlei Standardfunktion eines intelligenten Messsystems (iMSys). Das war einmal anders gedacht: Die meisten Umsetzungsprojekte anno 2016, als das Messstellenbetriebsgesetz in Kraft trat, sahen das Schalten von Controllable Local Systems (CLS) – den sogenannten §14a-Anlagen – über die sichere Infrastruktur eines Smart-Meter-Gateways (SMGw) noch als einen typischen Anwendungsfall an, der sicherlich mit einem der nächsten Firmware-Updates möglich sei.

Die Fantasie seinerzeit war groß: Zunächst einmal würde die teilweise veraltete, teilweise proprietäre bisherige Schalttechnik bei Endkunden schnell durch standardisierte, langfristig kostengünstigere, hoch-sichere Verfahren über das iMSys abgelöst. Wenn Kunden Ihren Smart Meter erhalten, so die Annahme, könne man den Austausch gleich mit vornehmen. Es kam anders. Nach wie vor ist Schalten und Steuern entweder noch im Pilotstadium oder geht konventionell über Rundsteuerung bzw. teure Fernwirktechnik von statten – während intelligente Messsysteme in vielen Netzgebieten lediglich vierstellige Einbauzahlen aufweisen. Dennoch ist die Zeit nun reif für die ersten Pilotierungen. Einen Netzbetreiber-Kunden begleiten wir deswegen in einem frisch aufgesetzten CLS-Projekt. 

Regulatorik schreitet voran

Dabei ist der regulatorische Druck kaum mehr wegzudiskutieren – und kommt in Form von zwei Gesetzespaketen, dem bereits im Januar 2021 verabschiedeten EEG 2021 sowie dem zurückgezogenen SteuVerG-Entwurf [1]:

  • Das EEG 2021 richtet sich dabei an Anlagenbetreiber von EEG- oder KWKG-Anlagen von mindestens 25 kWpeak, bei PV-Anlagen auch an Anlagen kleiner 25 kWpeak. Hier muss bei Neuanlagen (ältere Anlagen mit Übergangsregelung) Steuertechnik über iMSys verbaut werden – sofern der Netzbetreiber dies wünscht, dieser hat also ein Wahlrecht zwischen konventioneller und intelligenter Steuertechnik.[2]
  • Der zurückgezogene Referentenentwurf des SteuVerG sah für CLS größer 3,7 kW[3] wie beispielsweise Ladeeinrichtungen (außer Nachtspeicherheizungen), eine Steuerung über iMSys vor – ein Wahlrecht wie im Falle des EEG gibt es hier für Netzbetreiber nicht. Auch wenn eine Revision des SteuVerG-E noch aussteht, zeigt sich doch der deutliche politische Wille zum künftigen massentauglichen Schalten und Steuern über iMSys.

Erwähnt sei noch, dass für die Realisierung des Schaltens über iMSys auch noch die sogenannte „Markterklärung“ durch das BSI für EEG / KWKG-Anlagen und §14a-Anlagen (nach Energiewirtschaftsgesetz) ausstehend ist. Nach anstehender Korrektur des MsbG durch den Bundestag ist hiermit allerdings zeitnah in 2022 zu rechnen.

Technologische Grundlagen: Gerätetechnik und Protokolle

Jenseits der gesetzlichen Festlegungen müssen für die Realisierung des Schaltens über iMSys natürlich auch die technologischen Grundlagen gegeben sein. Virtuelle Kraftwerke nutzen bereits seit Jahren proprietäre Schalttechnik, um Einspeiseanlagen nach Preissignalen hoch- oder herunterzufahren. Ladesäulen für Elektromobilität, wie sie allerorten von Kommunen, Firmen oder Energieversorgern bereitgestellt werden, müssen ebenfalls gesteuert werden. Hier hat sich bereits Technik etabliert, die sich, zwar unabhängig von der BSI-Welt der intelligenten Messsysteme, in der Praxis bewährt hat.

Blickt man im Detail auf die Steuertechnik, so hieß es jahrelang, dass Steuerboxen nicht verfügbar seien. Nun können die führenden Hersteller Steuerboxen konform nach FNN-Lastenheft 1.2 (Letzter Stand Ende 2020) ohne Weiteres in Pilotmengen liefern. In Teststellungen bewähren sich die meisten Geräte bereits über eine IEC-61850er-Anbindung via SMGw. Sofern die Geräte FNN-konform sind, besitzen sie eine SMGw-ähnlich Bauform für Hutschienenmontage, verfügen über mindestens zwei Schließer, zwei Wechsler (Codierung fix oder binär) und sind für eine digitale Schnittstelle Richtung steuerbarer Verbrauchseinrichtung vorbereitet. EEBUS selbst ist erst für die nächste Version des FNN-Lastenheftes vollumfänglich vorgesehen. Sofern der FNN-Standard eingehalten wird, können manche Hersteller noch mit weiteren technischen Details punkten, wie bspw. einem eingebauten Rundsteuerempfänger, speziell vereinfachter Parametrierungs-Software oder anderen, parallelen WAN-Kommunikationskanälen.

Technologische Grundlagen: IT-Systeme

Eine essenzielle Frage ist, welche Funktionen das CLS-Management auf der Softwareseite umfasst. Eine enge Definition von CLS-Management umfasst vor allem die Komponenten einer schaltenden Instanz, eine (begrenzte) Stammdatenhaltung, einen Messdatenempfang (für Mess- und Netzzustandsdaten), sowie die Kanalverwaltung (gemeinsam mit dem GWA).

Ein diesbezüglich diskutierter Punkt in der Branche ist die sogenannte Koordinierungsfunktion (KoF). Diese vom FNN vorgesehene Funktion soll vor allem die „Ampel“ umsetzen und damit zwischen Markt und Netz koordinieren, insbesondere dann, wenn die Ampel auf gelb steht und konkurrierende Anfragen für das jeweilige CLS vorliegen. Allerdings ist eine endgültige Beschreibung dieser Funktion durch den FNN noch ausstehend.

Aufgrund der fehlenden Normierung á la FNN gestaltete sich der Überblick auf Softwareseite besonders schwierig. Klar ist, dass das Themenfeld für eine Vielzahl von Herstellern sehr interessant ist, der Reifegrad, sofern überhaupt von außen beurteilbar, aber höchst unterschiedlich. Das Anliegen des Kunden, netzdienliches Schalten als regulatorische Pflicht, marktliches Schalten als vertriebliche Kür anzusehen, können Software-Anbieter unterschiedlich gut aufgreifen. Im Allgemeinen gibt es bisher keine Pilotanlagen in Deutschland für VNB-Schalthandlungen mit einer dreistelligen Anzahl an CLS, während die Nutzung des CLS-Kanals selbst schon für viele Hersteller gang und gäbe ist. Submetering, Mehrwertdienste, Lademanagement – zahlreiche Anwendungen greifen auf den CLS-Kanal zurück, ohne sich eigentlich tiefer mit dem Thema CLS-Management auseinanderzusetzen. Ist der dafür technisch notwendige transparente Kanal erst einmal etabliert, sind hier vielerlei Möglichkeiten bei geringen Latenzen gegeben.

Das CLS-Management mit den identifizierten Funktionsbausteinen integrieren die Hersteller unterschiedlich in ihre bisherigen Produktwelten. Netzdienliches Schalten ist hier teilweise noch ein Randaspekt, da man das größere Potential in Mehrwertdiensten vermutet. Viele sehen eine Art Datendrehscheibe vor, in dem die Daten zusammenfließen können, da die Kombination von Sensor- und Schaltdaten künftig datenbasierte Geschäftsmodelle ermöglichen könnte. Auch Protokollwandler, um eine Vielzahl von Umsystemen und proprietäre CLS anzubinden, finden sich in so mancher Anbieterarchitektur.

Teststellung soll weitere Erkenntnisse liefern – und Umlagefähigkeit im Basisjahr nutzen

Aufgrund der nun anziehenden Thematik am Markt gibt es mehr und mehr Konzipierungs- und Umsetzungsprojekte; einige davon wird die konsekwent/HORIZONTE-Group begleiten. Grundsätzlich wird hier zumeist das netzdienliche Schalten fokussiert, weil dies auch regulatorisch vorangetrieben wird und mit einer „Markterklärung“ bei Einspeisern sowie §14a-Anlagen tatsächlich schon bald zu rechnen sein könnte.[4] Im Vordergrund stehen erste, vereinfachte Systemlandschaften, die Anbindung einer zweistelligen Anzahl an CLS und deren Praxiserprobung. Da 2021 das Basisjahr Strom ist, empfiehlt sich ein Start noch in der zweiten Jahreshälfte, um bei diesem Zukunftsthema bald die ersten Schritte gehen zu können. Sprechen Sie uns dazu gerne jederzeit an!

Fußnoten:[1] Der Referentenentwurf des Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) wurde im Januar zurückgezogen.[2] Ist gar zusätzlich eine steuerbare Verbrauchseinrichtung vorhanden (z.B. eine Wallbox zum Laden eines E-Autos), spielt die Bemessungsleistung der Einspeiseeinrichtung lt. EEG keine Rolle mehr, der Anlagenbetreiber wäre zu einer iMSys-Anbindung (bei Wunsch des Netzbetreibers) verpflichtet.[3] Ausgenommen Nachtspeicherheizungen (§ 118 (18) EnWG).[4] Vor kurzem wurde das dritte SMGw vom BSI re-zertifiziert, sodass nun auch die Tarifanwendungsfälle für die Bereitstellung von Netzzustandsdaten und Einspeisewerten vom MsbG vorgeschriebenen drei unterschiedlichen Herstellern gewähreistet werden.