Warum erhalte ich eine weitere Stromrechnung?

Wer in der Welt der Stromnetze und Messstellen unterwegs ist, mag die Diskussion kennen, für alle Otto-Normal-Verbraucher ist es einfach nur ein neues Fragezeichen neben vielen anderen, wenn es um die Abrechnung des Stromverbrauchs geht: Warum erhalte ich eine weitere „Stromrechnung“?

Tatsächlich sind es diesmal keine Betrüger, die die Ahnungslosigkeit des Kunden ausnutzen, so wie SPAM-Mails mit getürkten Rechnungen die Empfänger zu anlasslosen Überweisungen veranlassen sollen. Vielmehr sind nun die direkten Auswirkungen des Messstellenbetriebsgesetzes für die Haushalte sichtbar. Im Kern des Gesetzes heißt es, dass die Kunden nun auch zwischen Wettbewerbern um die Messgeräte wählen können sollen. Die Betonung liegt hier auf sollen, denn noch gibt es kaum Wettbewerb um die jeweilige Messstelle beim Privatkunden, in aller Regel stellt weiterhin der Netzbetreiber (hier dann als grundzuständiger Messstellenbetreiber) den Stromzähler, der künftig digital ist. Übrigens: Einen Messstellenbetreiber muss es geben, wählen Haushalte selbst aktiv keinen, übernimmt der stark regulierte grundzuständige Messstellenbetreiber den Betrieb des Zählers. Der Grundsatz „kein Strom ohne Messung“ gilt weiterhin.

Warum erhalten viele deutsche Haushalte denn nun eine weitere Stromrechnung? Auch bisher haben sie schon den Betrieb des Zählers mit Ihrer Stromrechnung bezahlt, so wie der Stromlieferant die Netznutzung zu bezahlen hatte. Da nun eine weitere Gesellschaft, unabhängig vom Stromlieferanten, den Betrieb der Messtechnik übernehmen kann, kann diese auch eine eigene Rechnung schreiben. Dies passiert dann, wenn der neue Messstellenbetreiber sich nicht mit dem Stromlieferanten einigt, dass jener weiterhin den Betrieb der Messstelle mitabrechnet. Ein Vergleich dazu wäre vielleicht die Nutzung des Flughafens, wenn man einen Flug bucht. Die Gebühren der Flughafenbenutzung rechnet die Fluggesellschaft mit ab, sie wird beim Flugpreis mitausgewiesen – theoretisch wäre es aber denkbar, dass man vom Flughafen eine separate Rechnung dafür erhielte.

Ob man also eine weitere Rechnung erhält oder nicht, hängt vom Einzelfall ab und der Vereinbarung des Stromlieferanten mit dem dortigen Messstellenbetreiber bzw. Netzbetreiber ab. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn eine weitere Rechnung zugeht, der Stromlieferant aber wie bisher den gleichen Preis abrechnet. Dann könnte es sich um eine verdeckte Preiserhöhung handeln, wenn der Lieferant nicht mehr an den Messstellenbetreiber abführt, jedoch weiterhin die Rechnungssumme konstant hält. Einzelheiten finden sich in den AGBs des Stromlieferanten. Bei Zweifeln lohnt es sich, direkt Kontakt mit der Verbraucherzentrale aufzunehmen. Außerdem besteht natürlich stets die Möglichkeit, den Anbieter zu wechseln. Dies kann man in Zukunft dann eben auch bei dem Messstellenbetreiber machen. Ob es hier allerdings zu einem nennenswerten Wettbewerb kommen wird, ist derzeit noch völlig offen.