Geht es auch ohne Kohle?



„Ohne Moos nix los“ – Ohne Kohle kein Strom, mag vielleicht mancher denken, der die Pressearbeit der RWE verfolgt im Zusammenhang mit den Streitigkeiten zum Hambacher Forst. Dort, wo derzeit Europas größtes Braunkohleloch die Gemüter entzündet, kann man sehr anschaulich die Gegensätze zwischen Arbeitsplätzen und Klimaschutz spüren. Es ist erschreckend, was die Bequemlichkeit, jederzeit sicher Strom aus der Steckdose beziehen zu wollen, an Kosten für Umwelt und Landschaft mit sich bringt.

Dabei lautet das Mantra der RWE stets, dass es ohne die Braunkohle gar nicht ginge, da sie die wichtige Grundlast zur Verfügung stelle, die Sonne und Wind als Dargebots abhängige Erzeugungstechnologien nicht liefern können. Kritiker dagegen wenden ein, dass die Bereitstellung der Grundlast im Angesicht der Energiewende zwar eine Herausforderung darstelle, aber die Braunkohle so ziemlich die schlechteste Lösung dafür sei. Was stimmt nun?

Die F.A.S. nahm sich in einem Artikel kürzlich dieses Themas an. („Gibt es ein Leben nach der Kohle?“ vom 21.10.2018). Darin wird geschildert, dass der Strom aus Braunkohle trotz des enormen Ausstoßes an Kohlendioxid und weiterer Schadstoffe seit 2002 kaum an Bedeutung verloren hat und 2017 noch immer 134 von 554 erzeugten Terawattstunden lieferte. Ursächlich dafür dürften vor allem finanzielle Anreize sein, denn die abgeschriebenen Kraftwerke und die geringen Kosten für Verschmutzungszertifikate ließen die Braunkohle in die Lücke vorstoßen, die die Kernkraft seit dem Atomausstieg 2011 zunehmend hinterlässt. Fakt ist, dass es damit schwieriger wird, die Grundlast zu decken und vor allem teurer, denn Alternativen gibt es durchaus. Biomasse wie Biogas aus Mais, Rüben oder landwirtschaftlichen Abfällen, Holzhackschnitzel, Kurzumtriebsplantagen konnten zusammen mit anderen erneuerbaren Energien 2017 bereits 12% zur Jahreserzeugung beitragen. Genauso die hochmodernen und sehr schnell verfügbaren Gaskraftwerke, die 9% der Stromerzeugung, überwiegend aus Erdgas, bereitstellten. Doch bei den über lange Zeit besonders günstigen CO2-Verschmutzungszertifikaten konnten sie gegenüber der gut steuerbaren Braunkohleverstromung kaum konkurrieren, denn Biomasse und Gas sind deutlich teurer. Aus CO2-Vermeidungs-Sicht eine weitere gute Alternative und im Preis pro Megawattstunde ausgesprochen günstiger wäre eine weitere -wenn auch nur sehr langsam- steuerbare Energieerzeugungsform: Die Kernkraft, welche allerdings politisch in Deutschland nicht mehr gewollt ist. So stellt sich das Bild aktuell recht einfach dar: Wer sich im Stromverbrauch nicht dem schwankenden Angebot an recht günstiger erneuerbarer Energie unterwerfen möchte -und wer möchte das schon-, muss entweder tiefer in die Tasche für Alternativen greifen oder die ungeliebten, aber günstigen Energieformen Braunkohle, Steinkohle oder sogar Kernkraft in Kauf nehmen.

Ja, es geht ohne Kohle. Die Frage ist nur, was wir uns das kosten lassen wollen. Diese Debatte wird mit Sicherheit weiter emotional geführt werden.