Elektromobilität: Wo fährt Deutschland?

Wer die Presse zum Thema Elektromobilität in Deutschland nur sporadisch verfolgt, dem mag ein eher skeptisches Bild begegnen. Das einstige Ziel, eine Million Elektroautos bis 2020 auf deutsche Straßen zu bringen, ist in weite Ferne gerückt (Tagesspiegel.de, 2017). Trotz Diesel-Skandal und erneut hohen Ozonwerten ist der Absatz fossil betriebener Kraftfahrzeuge im Mutterland des Automobils weiterhin stabil (Zeit.de, 2017). Als Grund werden oft die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten, eine geringe Reichweite sowie die mangelhafte Landeinfrastruktur der elektrischen Alternativen genannt. Tatsächlich hat der Autofahrer seinen Blick über viele Jahre vor allem für Tankstellen geschult, da fallen ihm die oft eher unscheinbaren städtischen E-Ladesäulen auf Bürgersteigen höchstens zufällig auf.

Gerne wird auf andere Länder verwiesen, die in dem Thema einen Vorsprung zu haben scheinen – mit der beunruhigenden Warnung, dass das Autoland Deutschland den Anschluss verpassen könnte oder schon verpasst hat. Nun, Schlagzeilen sind das eine, das andere sind Zahlen, die ein gemischteres Bild zeichnen:

Deutschland ist ein föderales Land, bei dem es keine durchgehende E-Mobilitätsstrategie von oben gibt. Das alleine hat bestimmt für gewisse Verzögerungen gesorgt. Erst seit einem Jahr gibt es ein zentrales Register der BNetzA, das sämtliche öffentliche Ladepunkte aufführt. Hier zeigt sich, dass es vor allem vom Engagement der Kommunen bzw. deren Stadtwerke abhängig ist, wie vor Ort die Ladeinfrastruktur als Basis für die Elektromobilität etabliert wurde. Größere Städte wie die Stadtstaaten Berlin und Hamburg besitzen bereits über 300 öffentliche Ladepunkte – wohl mehr als ausreichend, um sich in den 892 bzw. 755 m² großen Metropolen ohne die Angst liegenzubleiben, elektrisch bewegen zu können. Auch im wohlhabenden Bayern sind durch ehrgeizige kommunale Projekte bereits zahlreiche öffentliche Ladesäulen installiert. Mehr als 900 Säulen sind über das bayrische Land verteilt zu finden. Ganz Deutschland zählt mittlerweile demnach schon mehr als 9.000 Lademöglichkeiten, dem standen zum Vergleich 2017 ca. 14.500 Tankstellen gegenüber, Tendenz abnehmend. Da vor März 2016 gebaute Säulen im neuen Register nicht erfasst sein müssen, dürfte die reale Zahl noch höher liegen, zumal gerade in einer neuen Studie gezeigt werden konnte, dass bereits 80% der Deutschen EVU sich bei der Ladeinfrastruktur trotz hoher Kosten engagieren. Zu dieser Zahl an öffentlichen Ladepunkten kommen freilich noch die privaten Ladepunkte von Haushalten oder Unternehmen hinzu, wo das E-Auto z.B. über Nacht oder während der Arbeit geladen wird. Die derzeitigen ca. 54.000 Elektroautos sollten damit zunächst einmal gut versorgt sein.

Nicht nur anhand der Zahlen, die noch von einer Nische, allerdings einer stark wachsenden, sprechen, sondern auch anhand einer Auswertung des ADAC zeigt sich, dass der Wandel unterschiedlich weit vorangeschritten ist. Die Bedienung der Säulen, die Auffindbarkeit und die zur Verfügung gestellten Informationen seien höchst unterschiedlich und zum Teil enttäuschend, ergab der Test an 53 öffentlichen Ladesäulen. Es bleibt in diesem Bereich also noch Einiges zu tun, bevor die E-Mobilität die Masse erreichen kann. Übrigens bestätigte der Test des ADAC den oberflächlichen Eindruck vieler Autofahrer, dass es kaum Ladesäulen gibt. Ausdrücklich wurde bemängelt, dass viele Ladesäulen im Straßenbild kaum zu erkennen sind. Das könnte man aber auch positiv sehen: Von Tankstellen würde das wohl keiner behaupten.

 

Quellen: Zahlen von De.Statista.com bzw. Energie & Management