Was auf Stromkunden 2017 zukommt

Inzwischen haben sich die meisten ja an das jährliche Ritual gewöhnt – mit der Stromabrechnung am Ende des Jahres steigen auch die Preise je Kilowattstunde. Die Schreiben mancher Lieferanten sind bestens bekannt: Da ist davon die Rede, dass man weiterhin der günstigste Energieversorger bliebe, von Sicherheit und Verlässlichkeit wird geschrieben, bis hin zur Ankündigung von Strompreisgarantien. Ausgenommen freilich all jene Abgaben, auf die man keinen Einfluss habe. Und genau da liegt der Haken.

Mehr als die Hälfte des Strompreises ist staatlich veranlasst

Denn der Strompreis setzt sich nur zu einem kleinen Teil aus den echten Kosten der Erzeugung zusammen. Wie auch der Preis einer Flasche Schnaps nur zu einem Teil die Kosten der Destillation eines Rohstoffes widerspiegelt, ist der Strompreis nur wenig auf den Preis von Kohle, den Bau und Unterhalt von Großkraftwerken oder der Errichtung von Windkraftanlagen zurückzuführen. Er ist vor allem Ausdruck des politischen Willens, die Deutsche Erzeugungslandschaft von Strom dauerhaft zu verändern.

Zusammensetzung des Strompreises

Zusammensetzung des Strompreises für Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh zum 1. April 2015 (Angaben in Prozent des Bruttopreises; daraus ergibt sich auch der seinerzeitige 16%-Anteil der Mehrwertsteuer) laut Monitoringbericht 2015 von BNetzA und BK; eigene Darstellung.

So machten bereits 2015 gesetzliche Abgaben mehr als die Hälfte des durchschnittlichen Strompreises eines Haushaltskunden aus, von denen wiederum fast 1/3 in Umlagen zur Finanzierung der Energiewende floss. Die Netzentgelte, welche zumindest zum Teil dem energiewendebedingten Ausbau der Netze zufließen, bedingten mehr als 1/5 des Strompreises. Schnell wird klar, dass die eigentliche Beschaffung bzw. Erzeugung, damit verbundene Kosten und eine Marge nur noch ca. 1/4 des gesamten Preises ausmachen können.

Die EEG-Umlage steigt

Gegen Mitte Oktober wird die EEG-Umlage für das kommende Jahr üblicherweise neu berechnet. Dabei kannte die Entwicklung der Umlage in den letzten Jahren vor allem einen Weg: Den nach oben. So kam es diesen Herbst erneut zu einem angekündigten Anstieg von zuletzt 6,17 ct./kWh auf nun 6,88 ct./kWh. Da die meisten Vertriebe diese Erhöhungen eins zu eins an ihre Kunden weitergeben dürften, wird es demgemäß bei einem durchschnittlichen Haushaltsstrompreis von 28,73 ct./kWh (lt. BDEW, 2016) zu einer Erhöhung von ungefähr 2,5% Prozent kommen. Dabei ist angenommen, dass andere Bestandteile, wie z.B. die Beschaffung, ungefähr auf ähnlichem Niveau verharren.

Die Netzentgelte steigen

Anfang Oktober kündigte die Tennet, einer der vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in Deutschland, an, die erhöhten Kosten für den Ausgleich fluktuierender erneuerbarer Energien durch eine Steigerung der Netzentgelte von 80% abfedern zu wollen. Die anderen ÜNB 50Hertz, Amprion, TransnetBW kündigten zwar ebenfalls eine Erhöhung an, allerdings von demgegenüber nur 45%, 5% und 12% an. Auch diese Kostenerhöhung kann als eine Folge der Energiewende aufgefasst werden. Zu vermuten ist, dass die Bundesnetzagentur in die erhöhten Preise nicht signifikant eingreifen wird, jedenfalls unterließ sie bislang entsprechende Ankündigungen.

Nimmt man an, auch diese Erhöhung werden die Energielieferanten, mit ihrer Rechnungsstellung an die Stromkunden weitergeben, stiege zumindest für die Kunden in der Regelzone der Tennet, welche immerhin knapp die Hälfte der Bundesrepublik umfasst, der Strompreis recht bedeutend an. Ein betroffener Kunde hätte mit steigenden Kosten von ca. 18% zu rechnen.

Insgesamt steigt der Strompreis deutlich

Durchschnittlich stiege der Haushaltsstrompreis damit auf 34,66 ct./kWh in der Tennet-Regelzone, eine Erhöhung von etwas mehr als 20%, nimmt man die beiden Umlagen zusammen. Für Gewerbekunden, die nicht von der EEG-Umlage befreit sind, würde dies aufgrund geringerer Abgaben steuerlicher Natur zwar nicht so stark gelten, aber auch hier ist mit Mehrkosten zu rechnen. Lediglich maximal privilegierte Großkunden hätten die erwähnten Abgaben nicht zu befürchten.

Messentgelte ebenfalls beachten

Bisher sind weitere Kosten wie diejenigen, die zur Messung anfallen, in Aufschlüsselungen zur Zusammensetzung des Strompreises meist unbeachtet geblieben. Diese schwankten bisher nur wenig und machen mit rund 1,8% in unserer Modellrechnung auch nur einen vergleichsweise geringen Anteil des Strompreises bei Haushaltskunden aus. Meist sind die Messentgelte, da vom Verteilnetzbetreiber erhoben, Teil der Netzentgelte. Ausgewiesen wurden diese bisher als Messstellenbetrieb, Messung und Abrechnung.

Mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende und seinem Herzstück, dem Messstellenbetriebsgesetz ändert sich dies. Künftig werden bei allen Kunden, die gemäß Gesetz eine moderne Messeinrichtung oder ein intelligentes Messsystem erhalten, Messentgelte vom Messstellenbetreiber erhoben. Fraglich ist, durch wen hier künftig in der Regel die Rechnungsstellung bei Haushaltskunden erfolgen wird.

Der Messstellenbetreiber kann die Messentgelte bis zu gesetzlich festgelegten Preisobergrenzen erheben – sofern Kunden mit der neuen Technik ausgerüstet werden. Für die meisten Haushaltskunden, die lediglich eine sogenannte moderne Messeinrichtung erhalten werden, wird dabei der Preis für die Messung nur moderat und um wenige Euro pro Jahr steigen. Auch wird dieser Teil des Preisanstiegs erst nach Ausstattung der Messstellen im Laufe der nächsten Jahre relevant. In manchen Fällen allerdings könnten Kunden mit weniger als 6.000 kWh/a, die nicht Sondervertragskunden sind, ab 2020 auch zwangsweise mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden. In diesem Falle würde -verbrauchsabhängig- der Preis für die Strommessung auch deutlich steigen. Ein Haushalt mit 3.500 kWh/a hätte dann mit Mehrkosten von 50 Euro im Jahr zu rechnen, das machte dann 3% des gesamten Strompreises aus.

Am Ende kommt es auf den Einzelfall an

Natürlich sind vorweg Fälle konstruierbar, bei den Stromkunden erheblich mehr oder annähernd gleich viel zu bezahlen haben. Wie so oft allerdings wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen. Fest steht, dass einige Strompreiskomponenten steigen werden. Die EEG-Umlage, die bis auf wenige Industriekunden alle Stromkunden betrifft, steigt in jedem Falle, aber vergleichsweise moderat. Die Netzentgelte steigen – jedoch höchst unterschiedlich. Erheblich betroffen sein werden vor allem Kunden im Norden, Osten, der Mitte und in Bayern. Was die Messentgelte betrifft, kommt es vor allem strukturell und prozessual zu großen Änderungen, welche ersteinmal die Branche, jedoch weit weniger die Kunden betreffen. Für die Kunden wird sich das vor allem in neuer Zählertechnik bemerkbar machen, allerdings erst über die Jahre. 2017 werden wohl wenige Kunden an dieser Stelle mit Mehrkosten rechnen müssen.

Zum Schluss ist da natürlich noch der Preis der eigentlichen Erzeugung, der von Rohstoffpreisen und den Preisen der Strombörse abhängt. Vorauszusagen ist hier wenig, allerdings kamen preisliche Veränderungen des Strompreises in den letzten Jahren am wenigsten von dieser Seite. Zumal mittlerweile schon rund ein Drittel der Stromerzeugung erneuerbar ist: Denn dass der Wind weiter wehen und die Sonne scheinen wird, das scheint wohl auch für 2017 mehr als ausgemacht.